krebsliga_aargaukrebsliga_baselkrebsliga_bernkrebsliga_bern_dekrebsliga_bern_frkrebsliga_freiburgkrebsliga_freiburg_dekrebsliga_freiburg_frkrebsliga_genfkrebsliga_glaruskrebsliga_graubuendenkrebsliga_jurakrebsliga_liechtensteinkrebsliga_neuenburgkrebsliga_ostschweizkrebsliga_schaffhausenkrebsliga_schweiz_dekrebsliga_schweiz_fr_einzeiligkrebsliga_schweiz_frkrebsliga_schweiz_itkrebsliga_solothurnkrebsliga_stgallen_appenzellkrebsliga_tessinkrebsliga_thurgaukrebsliga_waadtkrebsliga_wallis_dekrebsliga_wallis_frkrebsliga_zentralschweizkrebsliga_zuerichkrebsliga_zug
Krebsliga SchaffhausenVeranstaltungenDurchgeführte AnlässeBuchlesungDurchgeführte Anlässe

Buchlesung

Mutter. Chronik eines Abschieds

«Den Tod zurück ins Leben holen»

Der Artikel erschien in den Schaffhauser Nachrichten am 13.11.2021, von Sonja Dietschi

In der Zwinglikirche drehte sich am Donnerstagabend alles um das Thema Sterben; zu Gast waren die Autorin Melitta Breznik sowie Fachpersonen aus der Sterbebegleitung und palliativen Medizin.

Organisiert wurde die Veranstaltung von der Krebsliga Schaffhausen. Melitta Breznik ist Fachärztin für Psychiatrie und seit 1993 auch literarisch tätig. In ihrem neusten Roman «Mutter. Chronik eines Abschieds» beschreibt sie die letzten Momente mit ihrer schwerkranken Mutter, welche sie als Vollzeitpflegerin in den Tod begleitete. Bevor Breznik mit der Lesung beginnt, sagt sie: «Es ist nicht einfach, über den Tod der eigenen Mutter zu schreiben und daraus vorzulesen.» Dennoch liest sie gefasst und ohne Hast; sie schildert das Leben vor der Krebsdiagnose der Mutter, ihr extrem gefülltes Leben und die vielen Reisen als Fachärztin und Schriftstellerin. Von der Weltenbummlerin zur Vollzeitpflegerin der betagten Mutter – plötzlich ist alles langsamer, verdichteter, das weisse Rauschen verstummt. Brezniks Sprache ist nicht blumig, eher karg, und doch schildert sie die allerkleinsten Details wie die Fettaugen auf einer Suppe liebevoll und zärtlich. In all der Schwere scheint es, als habe diese Zeit auch eine Reichhaltigkeit, etwas Versöhnliches. Zum Beispiel erläutert Breznik bei einer Stelle über das gemeinsame Kochen, sie habe aus Angst, als Hausfrau zu enden wie ihre Mutter, als junge Frau nie mit ihr gemeinsam in der Küche gestanden; nun empfindet sie es als extrem schön, für die Mutter Gerichte aus der Kindheit zu kochen. Die Lesung wird durch musikalische Einlagen von Jazzpianist Raphael Jost aufgelockert. Sie erlauben ein Reflektieren über das soeben Gehörte, ein kurzes Verschnaufen. So schwer die Thematik auch sein mag, nach der Lesung dominiert das Bild einer innigen Mutter-Tochter-Beziehung und nicht der Trauer oder Verzweiflung.

Kaum ist die Lesung beendet, wird Melitta Breznik sogleich auf die Bühne gebeten, um an der Podiumsdiskussion teilzunehmen. Die weiteren Gäste sind: Iris Oeninger, Pflegefachfrau mit Zusatzausbildung in Palliative Care und Psychoonkologie, Max Leu, Sterbebegleiter für den Verein «Dasein», sowie Pfarrer Beat Frefe, Beauftragter für Palliative Care der reformierten Kantonalkirche und Seelsorger im Hospiz Schönbühl. Moderiert wird die Runde von SN-Redaktor Daniel Thüler. Palliative Medizin ist schlicht formuliert medizinische Betreuung ohne Heilungsaussicht. Wie Iris Oeninger hervorhebt, bedeute Palliative Care nicht den baldigen Tod. Es gebe Patienten, welche jahrelang von ihnen betreut würden. Melitta Breznik meint dazu: «Sterben ist nicht so einfach, auch nicht für die Angehörigen. Es braucht Begleitung und es braucht Fürsorge, auch für die Angehörigen.»

Alle Fachpersonen sind sich einig: Sterbebegleitung ist Teamwork; nicht nur müssen Ärzte, Selbsthilfegruppen und weitere Anlaufstellen gut vernetzt sein, es ist auch enorm wichtig, die Angehörigen zu betreuen, denn die meisten Angehörigen holten erst Hilfe, wenns kaum mehr ginge. Seelsorger Beat Frefe bietet einen «Letzte-Hilfe-Kurs» an, bei welchem die Teilnehmer entweder eine Sterbebegleitung verarbeiten können oder sich auf eine vorbereiten. Inspiriert von einem Gedicht sagt er: «Jemanden im Sterben begleiten kann auch ‹Unterricht› sein und eine wertvolle, lehrreiche Erfahrung.» Sterben ist etwas Hochpersönliches und dennoch sei es wichtig, den Tod zurück ins Leben zu holen, denn er betrifft alle.

Das können die Anwesenden an diesem Abend wohl alle mitnehmen: Indem man darüber spricht, kann man dazu beitragen, dass Sterben etwas von seinem Schrecken verliert. Es ist etwas durch und durch Menschliches. Und vor allem: Man muss ihm sich nicht alleine stellen.